Fogarascher Berge - Kurzbesuch - 1. Tag

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Sebastian
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Fogarascher Berge - Kurzbesuch - 1. Tag

Beitrag von Sebastian »

Ende Juli habe ich mit meiner ältesten Tochter eine kleine Tour in die Fogarascher Berge unternommen. Die Wettervorhersage für die anvisierten Tage war ziemlich schlecht und so starteten wir etwas unvorbereitet, um möglichst noch einen besseren Wandertag zu erwischen. Meine Frau, die auf diese Bergtour verzichten wollte, brachte uns mit dem Auto bis an den Bâlea - See und fuhr nach einem kurzen Aufenthalt wieder nach Scharosch / Şoarş, wo wir bei den Eltern einer Freundin zu Besuch waren.
Bis auf die Bequemlichkeit, bereits nahe an der Kammlinie der Karpaten zu starten spricht allerdings in meinen Augen nichts für den Zugang über den Transfăgărăşean. Da es eben so leicht ist, hinzufahren, waren endlos viele Autos dort, es gab Stau und Gedrängel, Lärm und Menschenmassen ohne Ende, eben nichts, was zu einer Gebirgswanderung passt. Noch bis auf den ersten Kamm verfolgte uns Lärm und anhaltendes Gehupe - ich mußte wehmütig an die kleinen Gemsenrudel denken, die ich 1973 dort gesehen hatte...
Als wir auf den Hauptkamm gelangten, den wir nach Westen, Richtung Moldovean - Gipfel verfolgten, wurde der Wind immer schneidender und die Temperatur nahm weiter ab, so daß ich bald meine Hände kaum mehr spüren konnte. Und leider hatte ich ebenso wie meine Tochter keine Handschuhe wie auch keine Mütze mit, nur ein großer warmer Wollschal war mit, den wir uns abwechseln um die Hände legten, um wieder etwas Gefühl in den Fingern zu bekommen. Auch der Ausblick war nicht das was man sonst oft in den Bergen zu sehen bekommt, der Himmel war recht wolken - verhangen und wir konnten nur über 1-2 Kämme hinwegsehen.
Teile des Weges waren gut gangbar, kleinere Abschnitte verlangten mehr Achtsamkeit, bei eingen davon waren wir froh, dass wir nicht den selben Weg zurückkehren wollten.

Schließlich kamen wir an den Călţun - See, der in einer Senke unter der Kammlinie liegt. Am Seeufer hatte sich eine Gruppe Bergwanderer in winzigen Bergzelten eingerichtet, nahe daneben stand ein futuristisch anmutendes Bauwerk, der neue "refugiu", ein vom "Salvamont Făgăraş erbauter Notunterstand, in dem man laut Hausordnung ab 18.00 einkehren durfte. Wir trafen darin zunächst eine größere Gruppe junger Leute, die aber bald Richtung Bâlea weiterzogen. Der Unterstand wirkte recht stabil und hatte außer zahlreichen Pritschenbetten auf 2 Etagen (Spanplatten, ohne Matratzen) hoch gelegene Fenster sowie durch Solarpaneele gespeiste Akkus, mit denen man ein elektrisches Licht einschalten konnte, sowie an einigen USB - Anschlüssen Handys aufladen konnte.
Vermutlich konnte man den Raum mit 8 - 15 Wanderern kuschelig warm bekommen, da aber die Zahl der Übernachtenden recht ungewiß war und man in Corona - Zeiten lieber nicht mit vielen Unbekannten den Schlafraum teilen mag, entschlossen wir uns weiterzuziehen, abwohl der Weg über den Negoiu zur Negoiu - Hütte uns zumindest in den späten Abend bringen würde. (Wir waren erst etwa um 14.00 am Bâlea - See gastartet). Außerdem braucht meine Tochter sehr viel Wärme zum Schlafen und mag es Morgens, länger zu schlafen, wofür es im Raum dunkel sein sollte...

Den Negoiu - Gipfel erreichten wir schließlich nach einem anstrengenden Aufstieg, hatten aber kaum Aussicht, da sich immer mehr Nebel unter uns zusammenbraute. Entäuscht waren wir auch, weil trotz steten Wanderns die auf den Wegzeigern angegebenen Zeiten bis zu unserer Berghütte kaum kürzer wurden ;) :( - Es sah so aus, daß wir spätestens wenn der Nebel uns erreichte nur noch mit Taschenlampen unseren Weg fortsetzen könnten. Schließlich wurde es dunkel, bevor der Nebel uns richtig erreichte und bald verloren wir die Markierung. Nach einigem Suchen fanden wir sie wieder, doch es wurde regnerisch. Bald gingen wir mit Taschenlampen durch strömenden Regen auf stolperigen, mäßig markierten Bergpfaden abwärts. Wir konnten nur hoffen, dass die Akkus unserer Taschenlampen durchhalten würden, bis wir bei der Hütte ankamen. Laut Karte mußte es auf dem letzten Stück der Tour eine Überraschung geben, da war ein Ausrufungszeichen für Gefahr eingezeichnet. Schließlich gelangen wir in die "Gefahrenzone" - der Weg ging längere Zeit an einem extrem steilen Felshang entlang - immer wenn ein herkömmlicher Weg nicht mehr möglich war, kam ein eisernes Gitter mit oft etwas fadenscheinig wirkendem Geländer. Dies wiederholte sich so oft, dass wir bald aufhörten, die Brücken und Stege zu zählen, es dauerte recht lang und unsere Füße waren längst patschnaß vom ewigen Regen, dem vielen nassen Gras und den zahlreichen tiefen Wasserlachen auf den Pfaden. Kurz vor Mitternacht kamen wir schließlich bei der Negoiu - Hütte an, die auf einem kleinen Plateau auf einer größeren Waldlichtung am Hang lag. Es war durchaus noch manch einer wach und wir bekamen auch ein winziges 2 - Personen - Zimmer. Das beste war ein großer Kachelofen mit großem Kaminfenster in der Gaststube, der gut geheizt wurde und wo über Nacht unsere Schuhe und unsere komplett durchgeweichten Kleider nahezu trocken wurden.
Sebastian
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Sebastian
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Fogarascher Berge - 2. und 3. Tag

Beitrag von Sebastian »

Am 2. Tag sah es zwar sehr nach viel Regen aus, aber wir wollten doch noch einen Versuch wagen. Weil aber sowohl die Wetterprognosen wie auch der Augenschein uns kaum sonne aber um so mehr Wolken sehen ließen, haben wir schließlich unser Gepäck in der Wirtsstube gelassen und sind ohne Gepäck - nur mit Regenzeug, Trinkflaschen und ein paar Müsliriegeln ausgestattet noch einmal aufgestiegen.
Wir wählten einen anderen Weg, jener mit den vielen Brücken am steilen Felshang war uns nicht geheuer. Nach gut 2 Stunden Aufstieg sahen wir immer mehr dichten Nebel über den Kamm in unser Tal herüberfluten. Damit war sicher, dass wir bei fortsetzung des Wanderweges dichte Nebelfelder statt schöner Aussicht auf uns warten würden, sobald wir den Kamm erreichen würden. So änderten wir unseren Weg und erklommen den Grat dort, wo kein Nebel herkam. Immerhin hatten wir so etwas Aussicht in Richtung der Vorgebirge und sahen zur Linken, in Richtung des Hauptkammes dichte Nebelfelder hin und herwabern. Inzwischen ging der Nieselregen immer mehr in Landregen über und begleitete uns die nächsten Stunden, fast bis zur Negoiu - Hütte. Zuletzt sahen wir aber wieder die Sonne, wenn auch nur für etwa eine Viertelstunde.
Zurück auf der Hütte richteten wir uns für noch eine Nacht im selben 2 - Bett - Zimmer ein. Inzwischen kannten wir die Vorzüge des Kamins in der Wirtsstube und trockneten rasch all unsere Sachen.
Am nächsten Morgen frühstückten wir fast alleine (es war außer uns nur 1 Gast übrig, alle übrigen hatten bei dem Wetter schon aufgegeben).
Dann packten wir und stiegen auf gut gangbaren Waldwegen etwa 2 Stunden ab, bis wir den Forstweg nach Porumbacul de sus erreichten. Von den etwa 20 km Forstweg hatten wir wohl erst knapp die Hälfte erwandert, als uns meine Frau mit dem Auto entgegenkam. So endete unsere diesjährige Begegnung mit den Fogaraschern - aber vermutlich werden wir in 1-2 Jahren bei stabilerem Wetter zurückkehren.
Sebastian
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