tulnic, das rumänische alphorn

Kreischgebiet
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Sebastian
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tulnic, das rumänische alphorn

Beitrag von Sebastian »

Anfang der 70 -er Jahre besuchte ich zusammen mit anderen Jugendlichen, angeleitet von Kiss Zoltan, meinem Lehrer, den letzten, oder zumindest einen der Letzten Baumeister für das traditionelle Blasinstrument der rumänischen Bergbauern, tulnic, manchmal auch bucium genannt. Dies sind lange Holzröhren aus Fichtenholz, die bis zu 4-5 m lang sein können. Da ich keine eigenen Bilder mehr habe, verweise ich auf eine rumänische Website, wo man ganze Gruppe von Sängern mit diesem traditionellen Blasinstrument sehen kann. http://motii.ro/ce-este-tulnicul/
Das, was ich beschreiben möchte ist das was wir damals, vor knapp 50 Jahren in einem Dorf im Kreischgebiet gesehen und erlebt haben. Welches Dorf das genau war, habe ich leider vergessen, aber es muss wohl in einem Seitental des Cris, unweit von Bologa oder Ciucea in den Apuseni gewesen sein. Der tulnic - Bauer zeigte uns an Beispielen und führte uns Schritt für Schritt vor, wie so ein Instrument gebaut wurde. Zunächst wurde ein geeigneter Fichtenstamm von Ästen befreit und entrindet, dann wurde er längs gespalten (oder aufgesägt??) und jede Hälfte für sich mit gebogenen Ziehhölzern ausgeschabt. Dann wurden die beiden hohlen Teile aufeinandergfefügt und von Außen alle 40 -50 cm mit fest ansitzenden Ringen aus halbierten und geschälten Weidenruten umschlossen.So war der Rohbau des tulnic abgeschlossen. Für die Klangverbesserung folgte dann das "Ausbrennen". Der Tulnic wurde mit leicht brennbarem Material wie Hobelspänen locker gefüllt und dieses Brennmaterial wurde entzündet. Nachdem die innere Seite gut angekohlt war, wurde das Feuer mit Wasser gelöscht und die Reste des Brennmaterials entfernt. Zum Spielen wird er stets von innen mit Wasser benetzt, danach kann man ihn anblasen. Nach diesen Schritten kam das Verzieren von Außen mit dem Brenneisen. Hauptsächlich geometrische Motive wie Linien und Punkte geben dem "tulnic" ein schönes Aussehen.
Nebenbei erlebten wir in dem Dorf auch andere Beispiele gelebter Tradition.
Seifensieden: An der Hauptstraße, bzw auf dem offenen Hof neben der Straße brannte ein stattliches Feuer. Über dem Feuer hing ein großer Kessel (ceaun) in dem eine Frau Natronlauge und Fett mischte und zum Kochen brachte, beständig darin rührte, bis das Ganze zu Seife verschmolzen war.
Balmoș - ein besonderes mămăligă - Gericht.
Unsere Gastwirtin bereitete uns in einem großen Ceaun auf dem Herd einen sehr leckeren "balmoș" und erklärte uns auch, wie man dabei vorgehen musste. In den Kessel kam eine Mischung aus Molke und Sauermilch, die man zum kochen bringt. Sie flockt dann zwar etwas aus, aber das stört nicht (Salz nach Bedarf zugeben). Nach dem zugeben des Maisgrießes wartet man etwas, damit er quellen kann und gibt unter stetem Rühren immer mehr Sauerrahm bei, bis sich der Maisbrei von der Wandung des Gefäßes löst. Jetzt ist das leckere Gericht fertig und kann aufgetragen werden.
Ich habe immer mal wieder Variationen von Balmoș daheim gekocht und er schmeckt mir auch Heute noch sehr gut. Ich nehme dabei mehr oder weniger alles, was ich gerade vorrätig habe, was in die richtige Richtung passt, also Sauerrahm, Butter, Buttermilch, Feta - Käse, wenn ich welchen habe Burduf... Man kann da so manches variieren, unerläßlich ist Sauerrahm oder Butter und etwas aus der sauren Richtung wie Dickmilch, Molke, Buttermilch...
Sebastian
Zuletzt geändert von Sebastian am So 31. Mär 2019, 13:08, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: tulnic, das rumänische alphorn

Beitrag von Olli »

Hallo Sebastian,
Erstmal Danke für Deine guten, interessanten und lehrreichen Beiträge!
Habe gerade mal nach Balmoș gegoogelt! DAS hört sich doch lecker an!
... Muss ich diese Tage mal probieren!
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