Erlebnis im Szeklerland

Siebenbürgen
Antworten
Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 852
Registriert: Mi 20. Mär 2019, 10:34
Wohnort: Hamburg, (Mărişel)
Hat sich bedankt: 350 Mal
Danksagung erhalten: 729 Mal

Erlebnis im Szeklerland

Beitrag von Sebastian »

Auch wenn es schon fast 50 Jahre zurückliegt, könnte man vermutlich auch Heute noch ähnliches im Kernland der Szekler.
Wir waren damals zu zweit, mein Cousin ,14 und ich 15 Jahre alt und haben den Sankt - Annen - See, einen ehemaligen vulkanischen Krater im Harghita - Gebiet besucht. Wir haben direkt am Seeufer gezeltet und sehr oft darin gebadet.
Auf der gegenüberliegenden Seeseite zeltete eine größere Gruppe jugendlicher Szekler, so um die 20 Jungs.Ab und zu sind wir hinüber geschwommen und haben uns mit ihnen unterhalten, was allerdings nur mit Dolmetschern möglich war. Unser ungarisch war zu mager und bis auf 2 konnten alle anderen fast kein Rumänisch sprechen oder verstehen. Wir waren darüber doch etwas erstaunt und fragten, ob sie denn kein Rumänisch als Pflichtfach in der Schule hätten? (Ceausescu - Zeit).
Doch, das hatten sie natürlich, aber da sich nahezu alle Schüler weigerten, rumänisch zu lernen, konnten die Lehrer ja nicht die kompletten Jahrgänge durchfallen lassen, und so bekamen sie halt auch alle eine 4 oder 5 um gerade noch in´s nächste Schuljahr übernommen zu werden. Damals war es eben tatsächlich so, dass im Szeklerland selbst der Polizist und die Parteiführer ungarisch sprechen mussten, sonst hätten sie keine Chance gehabt, im Alltag zu überleben.
Und vermutlich ist das Heute immer noch nicht viel anders, ich habe zumindest festgestellt, dass selbst Heute viele ungarischen Kinder, die in Klausenburg die ungarischen Schulklassen besuchen nur oberflächliche Kenntnisse der rumänischen Sprache besitzen. Obwohl ich nur 16 Jahre in Rumänien gelebt habe, rumänisch bei mir erst 3 Jahre nach deutsch und ungarisch in den aktiven Wortschatz kam, so spreche ich Heute noch besser rumänisch als fast alle meine ungarischen Freunde in Klausenburg :? :roll:
Sebastian
Benutzeravatar
Sternschrauber62
Beiträge: 566
Registriert: Mo 11. Mär 2019, 08:51
Wohnort: Hiddenhausen (OWL)
Hat sich bedankt: 592 Mal
Danksagung erhalten: 234 Mal

Re: Erlebnis im Szeklerland

Beitrag von Sternschrauber62 »

Ich kenne das von meiner Großmutter die nur deutsch und ungarisch konnte, bei meinen Eltern war das schon nicht mehr so und wir, meine Geschwister und ich sind zweisprachig aufgewachsen. Rumänisch zu sprechen war, außerhalb der Familie, völlig selbstverständlich. Abgesehen davon wurden in Orsova viele Sprachen gesprochen und somit waren wir mehr oder weniger gezwungen rumänisch zu sprechen ;-)
Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 852
Registriert: Mi 20. Mär 2019, 10:34
Wohnort: Hamburg, (Mărişel)
Hat sich bedankt: 350 Mal
Danksagung erhalten: 729 Mal

Re: Erlebnis im Szeklerland

Beitrag von Sebastian »

Schon, aber früher waren viele einfach zu stolz, um sich auf die an deren einzulassen. Meine Großmutter mütterlicherseits war aus meiner Familie am extremsten. Sprach man sie auf Rumänisch an, kam: "nu ştiu rumuneşte" und damit war das Gespräch für sie endgültig abgeschlossen. Einmal rief ich von einem entlegenen Postamt daheim an, das Gespräch wurde über 1-2 Stationen vermittelt und Oma nahm daheim den Hörer ab. Da die Postbeamtin sie rumänisch ansprach kamen die obligaten 3 Worte und sie legte auf. Dazu legte sie den Hörer schief auf die Gabel auf und ich konnte auch bei weiteren Versuchen nicht mehr durchkommen :cry:
Der Rest unserer Familie war viel offener, mein Vater hat sogar eine Zeit lang als Sprecher im Rumänischen Radio Geld verdient. Er achtete stets auf perfekte, geschliffene Aussprache. Dennoch war es bei uns daheim ein Unding, rumänisch zu sprechen, es sei denn, rumänische Gäste waren zu Besuch.
Sebastian
Zuletzt geändert von Sebastian am So 31. Mär 2019, 13:18, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Sternschrauber62
Beiträge: 566
Registriert: Mo 11. Mär 2019, 08:51
Wohnort: Hiddenhausen (OWL)
Hat sich bedankt: 592 Mal
Danksagung erhalten: 234 Mal

Re: Erlebnis im Szeklerland

Beitrag von Sternschrauber62 »

Bei meiner Großmutter war das weniger der Stolz als viel mehr die Tatsache dass sie die längste Zeit im rein deutschen Liebling gelebt und in der Schule halt nur deutsch und ungarisch gelernt hat. '67, mit der Geburt unserer Schwester, ist sie dann zu uns nach Orsova nachgezogen und hat sich dann schon bemüht sich mit den überwiegend rumänischen Nachbarn zu unterhalten nur war sie da schon deutlich über 60 und da erlernt man nicht mehr so leicht eine Sprache. Sie hatte zwar vorher schon gebrochen rumänisch gesprochen aber wirklich besser ist es dann auch nicht mehr geworden. Da sie uns aber über einen längeren Zeitraum erzogen hat war sie mit dafür verantwortlich dass wir beide Sprachen gesprochen haben, besonders unsere Schwester die sie von Geburt an erzogen hat.
Antworten